Ende Juli/Anfang August: Nach über zwei Wochen an den wilden, fast unberührten Stränden der Costa de la Luz, wuchs unsere Neugier auf die Provinzhauptstadt: Cadiz, das Klein Havanna Europas. In El Palmar sahen wir ein Plakat des Jazz Festivals Cadiz. Daraufhin buchten wir gleich online Tickets für das Abschlusskonzert. Also nichts wie los, an die Spitze einer langen Halbinsel im Atlantik, wo sich die älteste Stadt Westeuropas befindet.
Cadiz – Dreitausend Jahre Geschichte
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Phönizier bereits um 900 vor Christus eine Stadt namens Gadir errichteten. Im Museum von Cadiz sind phönizische Sarkophage zu bewundern. Später kamen und gingen die Karthager, Römer, Westgoten und Mauren. Auch hiervon gibt es im städtischen Museum interessante Exponate (der Eintritt ist übrigens für EU Bürger frei).
Nach der christlichen Reconquista startete Christoph Kolumbus seine zweite Entdeckungsreise nach Amerika von Cadiz aus. Die Stadt entwickelte sich zum wichtigsten Seehafen für den Handel mit den amerikanischen Kolonien. Im 18. Jhd. wurde Cadiz damit zur reichsten und kosmopolitischsten Stadt Spaniens.
Diese Blütezeit hat bis heute ihre Spuren hinterlassen: Die meisten der schönen Gebäude in der Altstadt stammen aus dieser Zeit. Die Parkanlagen gleichen botanischen Gärten. Hier finden sich verschiedenste exotische Pflanzen, die Eroberer damals aus der neuen Welt mitgebracht hatten.
Nach den Unabhängigkeitskriegen und damit dem Ende der spanischen Kolonien verlor die Stadt an wirtschaftlicher Bedeutung. Cadiz ist jedoch noch der wichtigste Seehafen auf dem spanischen Festland für die kanarischen Inseln. Im Hafen ist reger Fähren- und Containerschiffsverkehr von und nach Teneriffa, La Palma, Fuerteventura….
An unserem Domizil, dem Wohnmobilparkplatz beim Verladehafen, haben wir auch zwei ganz liebe Auswanderer kennengelernt. Sie warteten einige Tage auf die Abfahrt der Fähre nach La Palma. Falls ihr das lesen solltet. Wir grüßen Euch ganz herzlich und hoffen dass ihr gut angekommen seid, nach der langen Überfahrt.
Habanita (Klein Havanna)
Für uns war es eine wahre Freude an der romantischen breiten Promenade Alameda Apodaca zu flanieren oder mit dem Rad entlang zu fahren. An heißen Tagen bieten hier Schatten von Urwaldriesen, Bananenstauden und Palmen – gemischt mit der kühlen Brise des Atlantiks – die perfekte Erfrischung. Genau deshalb sitzen hier die “Gaditanos” (Einwohner von Cadiz) gerne auf den traditionell gefliesten Bänken zusammen oder stehen stundenlang beim Angeln an der Promenade.
Im Park Genoves mit seinen Baumskulpturen, fühlten wir uns ein bisschen wie bei Alice im Wunderland.
Bei dem Anblick so viel tropischer Pflanzen und dem Klang der Wellen, würden sicher auch bei Dir karibische Gefühle aufkommen. Kein Wunder, denn als Partnerstadt der quirligen kubanischen Hauptstadt Havanna, wird Cadiz auch „Habanita“ genannt.
Es scheint eine verblüffende Ähnlichkeit der beiden Städte zu geben. Nicht ohne Grund wurde der Stadtstrand Playa la Caleta in der James Bond Verfilmung “Stirb an einem anderen Tag” als Havanna-Set genutzt. Auch das musikalische Gespür scheinen die „Gaditanos“ von ihren karibischen Partnern übernommen zu haben.
Welcher Tag ist heute? Jazz, Ska oder Disco?
Die Stadt sprüht nur so von Lebenslust, und Musik scheint immer dabei zu sein.
Andere Nutzer der „park4night“ App (die wir zur Stellplatzsuche benutzen) warnten schon vor schlaflosen Nächten am Wohnmobilparkplatz, da zwei Diskotheken nebenan sind. Tatsächlich lief am Wochenende scheinbar derselbe spanische Sommerhit (ein Beat) bis Frühmorgens in Dauerschleife. Das sind die Leidens Momente eines Van-Lebens ☺.
Aber dafür fand gleich in der Nähe das Cadiz Jazz Festival statt. Location war die Baluarte de la Candeleria die zur Festungsanlage, welche sich um die Altstadt von Cádiz zieht, gehört. Wir freuten uns schon auf den Afro Cuban Jazz von „Carlos Sarduy“ aus Havanna. Aber: Der freundliche Jazzfan, der unsere Karten gescannt hatte, klärte uns darüber auf, dass wir am falschen Tag hier waren. ??? Ist denn der 29. Juli kein Samstag ??? Nein – aber glücklicherweise ist er Morgen, am Sonntag! Oje, die Reiseverwirrtheit schlägt langsam zu. Wir sind nun doch schon einige Monate unterwegs, da kann das schon mal passieren.
Die Mitarbeiter vom Jazz Fest fanden es jedenfalls genauso lustig wie wir. Als wir am nächsten (den richtigen) Tag kamen, wurden wir wie alte Stammgäste begrüßt.
Kubanische Klänge, life in „Klein Havanna“ – unter Palmen und mit dem Duft des salzigen Meeres in der Luft – das war jedenfalls ein unvergessliches Erlebnis. Wir fühlten uns, als wären wir mit unserem Van bis nach Kuba gereist.
Weil es so schön war, haben wir gleich noch ein paar Tage in Cadiz drangehängt. Das nächste Konzert in der Baluarte ließen wir uns auch nicht entgehen. Die “Skatalites“ passten ebenfalls super zu dem karibischen Flair in der Stadt.
Auch der Flamenco ist in Cadiz zu Hause. Das nächste mal müssen wir unbedingt einen Abend in einer Pena Flamenca verbringen.
Der Wunsch nach sanftem Tourismus
Neben Hafen und Werften spielt auch der Tourismus eine wichtige Rolle. Hauptsächlich kommen spanische Touristen z.B. aus Sevilla oder Madrid im Sommer in die kühlere Perle am Atlantik.
Zum Leidwesen der Bewohner fallen jedoch fast täglich Kreuzfahrttouristen über die Stadt her. Als wir die Horden von der Aida strömen sahen, konnten wir den Unmut nachvollziehen. Auch in Cadiz hat die Bewegung „Tourists go home“ deshalb ihre Anhänger (wie auch in Barcelona und Mallorca). Das richtet sich auch gegen Air B&B Untervermietung und damit einhergehender Verbauung durch Ferienappartments und Mietwucher.
Eines steht jedenfalls fest:
Cadiz hat in jeder Hinsicht einiges zu bieten und gehört für uns zu einer der schönsten Städte Spaniens! Wir schlemmten mindestens einmal täglich im Restaurant, kauften am Markt ein und haben das kulturelle Angebot angenommen.
Die Altstadt ist mit ihren engen windgeschützten Gassen und Plazas sicher auch im Frühling oder Herbst ein wunderbarer Ort zum Bummeln. Am Mercado Central kannst Du zum Frühstück leckere Smoothies trinken und Mittags frische Meeresfrüchte essen. Die Parks sind vermutlich außerhalb des Sommers noch grüner. Wenn das Baden im Meer zu kalt ist, kann ein schöner Strandspaziergang die Alternative sein. Falls Du Spanisch lernen willst, gibt es mehrere Sprachschulen in Cadiz. Kulturell ist immer etwas geboten. Es gibt auch tolle Hostels in Cadiz. Im Februar findet jährlich ein spektakulärer Karneval statt, im Herbst ein Filmfestival.
Die schreckliche Hitzewelle kam
Als heißer Sahara Wind sogar in Cadiz die Temperaturen auf fast 40 Grad steigen ließ, fiel uns der Abschied nicht allzu schwer. Wir verbrachten noch eine Nacht am endlos langen Strand in der Neustadt.
Wir machten uns auf den Weg, an die Grenze zum vermeintlich kühleren Portugal. Der führte uns nochmal ein Stück ins Inland.
Kurz nach Sevilla stoppten wir bei einer Raststätte. Es kam eine heiße Wand auf uns zu, sobald wir die Autotür öffneten. Es hatte bereits 46 Grad!
Als wir Huelva passierten, freuten wir uns, dass das Land wieder grüner wird. Wir ahnten noch nicht, dass noch am gleichen Tag, genau hier Waldbrände entflammen werden.
9 1/2 Wochen: so lange dauerte unsere Road Trip-Etappe in Südspanien. Vielleicht hat uns die entspannte Art angesteckt und wir sind deshalb so „SLOW“ unterwegs gewesen.
Jetzt gibt es aber ein neues Land zu entdecken:
Die Hitzewelle traf leider auch Portugal. Statt der ersehnten Abkühlung gab es einen schrecklichen Waldbrand. Inzwischen ist er glücklicherweise wieder gelöscht. Im nächsten Beitrag erzählen wir Euch mehr darüber.