Westlicher Alentejo – Korkeichen, schmucke Dörfer und wertvolle Natur

Mitte/Ende August: Die dünn besiedelte Region „Alentejo“ grenzt nördlich an das Tourismusgebiet „Algarve“ und zieht sich bis unterhalb des Flusses „Tejo“. Der letzte Abschnitt unserer Reise durch den Naturpark „Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina“ lag bereits in diesem Landesteil.

Die Weiterfahrt gen Norden, in Richtung Lissabon, führte uns im Hinterland der Küste, durch die landwirtschaftlich geprägte Abgeschiedenheit der kleinen Dörfer.

Neben schönen Bildern wollen wir in unserem Blog Land und Leute vorstellen. Dazu gehört es auch über Chancen, sowie aktuelle Probleme der Bewohner unserer Reiseziele zu informieren.

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Aljezur bis Lisboa

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Aljezur bis Lisboa 37.956500, -8.868960

 

Korkeichenwälder –nachhaltige Schätze des Landes

Es dauerte nicht lange und wir passierten die ersten Korkeichen. Diese Kulturlandschaft findet man vor allem im Alentejo, auch häufig an der Algarve. Portugal ist zwar dieses Jahr nicht Fußballweltmeister geworden, aber dafür Korkweltmeister: mehr als 50% des weltweiten Kork-Exports stammen aus Portugal. Das Land am westlichen Ende Europas hat auch die größten Anbauflächen.

Neben dem Tourismus ist Kork ein bedeutender Wirtschaftszweig, denn die Nachfrage steigt.

Kork wird z.B. zunehmend als Baustoff eingesetzt und sogar für Isolierlösungen von der NASA verwendet. Passend zum Surfparadies, hat der hawaiianische Big Wave Surfer Garrett McNamara ein spezielles Surfboard aus portugisischen Kork entwickeln lassen. Damit lassen sich selbst die Riesenwellen vor „Nazare“ surfen. Modeaccessoires aus Kork, wie Handtaschen und Schmuck findet man überall in Portugal. Ich habe jetzt ein schönes Korkarmband. Eine wunderbare Alternative zu Leder.

Dieser Wirtschaftszweig ist sehr nachhaltig, jedoch nichts für schnellen Profit:

„Eine Korkeiche, deren Rinde regelmäßig geerntet wird, bindet sogar mehr als dreimal so viel CO2 wie eine ungenutzte Korkeiche. Dank Aufforstungsbemühungen nimmt in Europa die von der Korkeiche besiedelte Fläche seit einigen Jahren wieder zu, in Portugal jedes Jahr um rund ein Prozent.“ (Quelle: natuerlichkork.de)

„Eine Korkeiche kann erst nach 25 Jahren zum ersten Mal und anschließend nur alle zehn Jahre geschält werden.“(Quelle: dw.com)

Wer sich genauer für die Korkherstellung im Alentejo interessiert, hier ein sehr schöner Blog, den wir mit großer Freude weiterempfehlen:

https://lustaufnatour.de/alentejo-korkeiche/

 

Landleben mit Dorfidylle

Die Fahrt führte weiter durch idyllische Dörfer, geprägt vom kleinbäuerlichen Landleben. Hier und da gackerten Hühner am Straßenrand. Hin und wieder passierten wir weidende Schafe oder Ziegen. Immer wieder fiel unser Blick auf kleine Gärten, wo Bohnen und allerlei Gemüse angebaut wurden. Die bäuerlichen Familienbetriebe erinnerten uns Bilder aus osteuropäischen Ländern. Vor allem Gemüsestände am Straßenrand, ähneln dem Straßenverkauf von Melonen oder Knoblauch der Kleinbauern in Ungarn oder Rumänien.

überall in Portugal am Straßenrand: Direktverkauf Obst- und Gemüse

Typisch für den Alentejo sind die romantisch anmutenden Häuser: Weiß gekalkte Fassaden mit gelb oder blau bemalten Fenster- und Tür-Rahmen. Jedes Jahr werden die Fassaden neu gekalkt, traditionellerweise von den Frauen.

Bushäuschen im Alentejo

Sogar die Bushaltestellen sind in diesem typischen Erscheinungsbild gehalten. Wir finden, das ist eine wunderschöne Verbindung von Tradition und Moderne.

 

Moderne Zeiten – der Schornstein raucht

Unterhalb der Stadt „Sines“ führte die Straße wieder zurück an die Küste. Hier überraschte uns eine riesige Rauchwolke. In der Annahme, es gäbe vielleicht wieder einen Waldbrand, fuhren wir weiter … bis die Großindustrieanlagen in der Ferne zu sehen waren.

Das portugiesische Unternehmen GALP Energia betreibt hier eine von zwei Raffinerien in Portugal. Das Unternehmen importiert Rohöl, unter anderem aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien Brasilien, Angola und Mozambique.

Geplante Drilling- und Fracking-Projekte des Unternehmens zur Förderung von Rohöl und Erdgas an Portugals Küste sind aktuelle ein heiß umstrittenes Thema. Der Widerstand in der Bevölkerung wächst.

Für diesen September waren Probebohrungen vor der Küste des südlichen Alentejo und der nördlichen Algarve geplant. Unter anderem im Naturpark, ca. 45 Kilometer vor der Küste von Aljezur. Die Vorgängerregierung hatte dazu bereits Verträge mit den Ölkonzernen GALP (Portugal) und ENI (Italien) abgeschlossen.

Der Skandal: Obwohl das Gebiete mit seismischer Aktivität sind, wurden seitens der Regierungsministerien keine Gutachten über die möglichen Umweltauswirkungen gefordert.

Der Erfolg: Ein Verwaltungsgerichtsbeschluss setzte die Probebohrungen vorerst aus. Eine breite Allianz aus Tourismusverbänden, Bürgermeistern der Algarve, Wirtschaftsverbänden, Wissenschaftlern und der Umweltschutzvereinigung PALP („Plattform Algarve frei von Erdöl“) hat dies durch einen erfolgreichen Antrag vor Gericht verhindert. Das Bündnis konzentriert sich jetzt auf die Hauptklage.

Die Folgen: Die Konzerne drohten der Regierung  daraufhin angeblich mit Schadensersatzforderungen in Höhe von 4 Mio EUR. Saubere Küsten könnten das zu zahlen wert sein: Allein der Surftourismus brachte 2015 Einnahmen von 400 Mio EUR, Tendenz steigend.

Die Aussichten: Angesichts der möglichen Schäden für das ökologische Gleichgewicht sehen die Kritiker Portugals Küsten bedroht. Damit einhergehend werden Einbußen im Tourismusbereich und generell ein niedriger Mehrwert für das Allgemeinwohl erwartet.

Es ist ein kontroverses Thema. Ölbohrungen und Fracking passen nicht zu dem „grünen“ Image von Portugal. Zudem hat Portugal angekündigt bis 2050 komplett auf fossile Brennstoffe zu verzichten.

Allerdings ist das Land aktuell Rohölimporteur. Politiker argumentieren mit der Unabhängigkeit vom Ausland und erhoffen sich eine schnelle Finanzspritze um die Wirtschaft anzukurbeln und Verschuldung zu minimieren.

Die Zukunft: Solange noch kein adäquater Ersatz für Erdöl zur Mobilität gefunden ist, werden die Bohrungen sicherlich ein Thema sein. Vielleicht behindert die Erschließung neuer Erdölförderungen aber den Fortschritt neuer Techniken?

Das Ende der fossilen Brennstoffe ist das Thema unserer Zeit, vor allem nachdem Brände und Hitze den Klimawandel auch in Europa ankommen ließen. Man denke nur an die Proteste gegen die Abholzung des Hambacher Forsts, zu Hause in Deutschland. Hier sollte aber absolut klar sein, dass Braunkohleabbau für die Zukunft nicht mehr notwendig ist.

 

Reserva Natural do Estuário do Sado

Wir fuhren an der Küste weiter bis zum Mündungsgebiet des „Sado“. Der Fluss, Wasserader der Ebenen des nördlichen Alentejo, mündet südlich von Lissabon in den Atlantik. Reisfelder säumten unseren Weg entlang des Feuchtgebiets. Typisch für diese Landschaft sind auch Weißstörche, die auf Strommasten nisten. Zudem tummeln sich Delphine in dem Naturschutzgebiet. Die Straße führte uns auf eine schmale Landzunge, umgeben von Sandstränden zu beiden Seiten.

Hier endete der Landweg vorerst für uns. Wir verließen die Region Alentejo.

Bei Sonnenuntergang ging die Reise mit der Fähre weiter über die Flussmündung, auf die Halbinsel „Peninsula de Setúbal“. Premiere für unseren Van „Mabu“ – das erste mal auf dem Wasser. Wir waren entsprechend nervös, vor allem als unsere Alarmanlage die Fährfahrt als Diebstahl erkannte. Oh Schreck – aber alles gut – es war nur eine Info, dass wir „abgeschleppt“ wurden.

Wir waren froh, als sich alle vier Reifen wieder auf dem Festland weiterdrehten. Nach dieser Etappe hatten wir große Lust, tiefer in die Region Alentejo einzutauchen, die Kornkammer Portugals. Auch der Naturpark auf der sehr grünen Halbinsel Setúbal wäre sicherlich ein paar Tage Aufenthalt wert gewesen. Das heben wir uns aber für die nächste Reise auf.

Zu diesem Zeitpunkt war unser Ziel Lissabon. Über die Brücke am  „Tejo“ erreichten wir nach Anbruch der Dunkelheit die beleuchtete Metropole.


In Lissabon hatten wir ursprünglich einen Aufenthalt von ca. drei Tagen geplant. Daraus wurden allerdings mehr als zwei Wochen. Es kommt doch immer wieder anders als geplant. Seid gespannt auf den kommenden Bericht, mit vielen Bildern vom Sommer in Lissabon.

2 Gedanken zu „Westlicher Alentejo – Korkeichen, schmucke Dörfer und wertvolle Natur

    1. Liebe Julia, herzlichen Dank für Dein tolles Feedback 🙂 Je länger wir in Portugal sind, desto mehr schließen wir Land und Leute ins Herz. Es gibt noch viel zu sehen und zu berichten. Até à vista!

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