Anfang September: Nach unserem langen Aufenthalt im sommerlichen Lissabon, freuten wir uns auf den grünen Naturpark „Parque Natural de Sintra-Cascais“ vor den Toren der Stadt. Es ging wieder Richtung Küste und zudem hoch hinaus, in die Sintra Berge.
Der Park hat sehr viele Highlights zu bieten: ♕ Königspaläste, das Ende der Welt und sogar echte Dinosaurierspuren. Wir verbrachten drei Tage in der Kulturlandschaft Sintra, Weltkulturerbe der UNESCO.
Sommerfrische für Romantiker und Individualisten
Unsere Home Base im Sintra Park hatten wir an der Küste, nahe dem Ort „Praia das Macas“: Ein renoviertes ehemaliges Ferienschullager, das heute als Glamping Hostel mit Pizzastand und Craft Beer Brauerei dient. Für Vans gibt es aktuell nur den Parkplatz als „Stellplatz“, teuer aber safe (denn am nahegelegenen Praia Grande wurde zuvor in Wohnmobile eingebrochen).
Wegen seinem feuchten und kühlen Mikroklima ist Sintra bereits seit Jahrhunderten als Ort der Sommerfrische beliebt. Vor allem der Adel und später das Bürgertum leisteten sich hier herrschaftliche Landsitze. Im 19. Jhd. fühlten sich Romantiker und Individualisten von dem üppigen Grün angezogen. Entsprechend verspielte Villen sind noch heute prächtig anzuschauen. Ab 1904 fuhren die Sommerfrischler von Sintra mit der elektrischen Straßenbahn direkt an den Strand.
Diese legendäre Bahn wurde nach Jahren der Stilllegung wiederbelebt. Das nutzen wir nur zu gerne. Also zuckelten wir mit der Überlandstraßenbahnlinie „Eléctrico de Sintra“ von „Praia das Macas“ in den Ort Sintra. Elektrische Mobilität ist in Portugal schon seit über 100 Jahren ein Renner, lange vor Tesla und Co.
Die Fahrt war ein Erlebnis. Dummerweise habe ich vor lauter Rucken und Zucken meine Sonnenbrille verloren. Fast unglaublich: wei Tage später haben wir sie wieder an der Tramlinie gefunden.
Sintra – Sommerresidenz der Könige
Von Lissabon aus mit dem Zug erreichbar, ist die Stadt Sintra ein beliebtes Tagesausflugsziel. Die ehemalige Sommerresidenz der Könige wird täglich von Touristenscharen belagert. Wir wussten vorerst nicht so recht was uns erwartete. Doch letztlich sind wir gekommen um zu bleiben. Es lohnt sich auf jeden Fall zu übernachten. Wir fühlten uns wie bei Alice im Wunderland: Neben den Königspalästen gibt es herrschaftliche Villen und Gärten zu bestaunen. Außerdem hat Sintra eine wunderschöne Altstadt, eingerahmt von Wäldern und skurrilen Felsformationen.
Die Mauren errichteten hier bereits eine Festung mit Siedlung. Nach der christlichen Rückeroberung und der Gründung Portugals wurden mehrere Klöster erbaut. Vom 14. bis zum 20. Jahrhundert war Sintra ständiger königlicher Sommersitz, zuerst im „Palácio Nacional de Sintra“. König Ferdinand II schuf einen noch imposanteren Palast. Wir besuchten den 1854 erbauten „Palácio Nacional da Pena“. Dieses romantische Märchenschloss thront hoch oben auf einem Felsmassiv. Es soll eine Inspiration für den bayerischen König Ludwig zum Bau von Schloss Neuschwanstein gewesen sein.
Die Phantasie auf Hochtouren angeregt, spazierten wir durch den verträumten botanischen Palastgarten und stellten uns den lustwandelnden König vor. Hinter jedem Türmchen versteckte sich ein neuer verspielter Anblick, seien es wunderschöne Azulejos oder Geschichten erzählende Fensterbilder.
Den Van haben wir übrigens in unserer Bleibe stehen lassen. Sintra ist mit dem Auto nicht zu empfehlen. Vom Bahnhof fährt ein Bus hoch zum Palast und durch die engen Gassen in die Altstadt.
Das Ende der Welt
Per Bus kann man auch komfortabel zum „Cabo da Roca“ fahren, dem westlichsten Punkt des europäischen Festlandes mit den Koordinaten: 9° 30′ 2,9″ W.
Als wir uns auf den Weg zu diesem „Ende der Welt“ machten, lag die Landzunge fast gespenstisch verborgen in einer Nebelwand.
Sobald sich der Nebel lichtete verstanden wir, warum die Menschen hier lange dieses Ende vermuteten. Die steilen Klippen führten nahezu ins Nichts, in Nebelschwaden, die hin und wieder verborgene Felsformationen und den unendlich scheinenden Atlantik preisgaben. Vom Meer kommend ist sicherlich der Leuchtturm und das Kreuz bedeutsames erstes Augenmerk.
Als einige Reisebusse ankamen, wurde die mystische Stimmung allerdings schnell getrübt.
Vor Millionen von Jahren ….
… lange bevor es Kreuze und Religionen, Leuchttürme und Paläste, Elektro Trams und die Menschheit an sich gab … wanderten Dinosaurier an der Stelle des heutigen Naturparks Sintra.
Am „Praia Grande“, wo es wie am „Cabo da Roca“ sehr steile Klippen gibt, finden sich fossile Fußabdrücke von Dinosauriern. Eher unscheinbar und ohne Beschilderung befindet sich ein Weg am südlichen Ende des Strands. Es führt eine Holztreppe die Steilklippe hoch, entlang der Fußspuren. Die Spuren im weichen Boden wurden vermutlich mit Sand oder Ton überschwemmt. In der vertikalen Auffaltung der Gesteinsschichten sind die Fährten wunderbar zu sehen. Es war unglaublich, heute noch Spuren einer seit 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Spezies zu sehen.
Verglichen mit dem Cabo da Roca war es hier sehr ruhig. Außer einer Schulklasse und einer Wandergruppe haben wir niemanden getroffen. Wir hatten Glück, auch hier lichtete sich der Nebel bald.
Vom westlichsten Punkt des europäischen Festlands fuhren wir langsam wieder ostwärts, gen Norden. Mit einem letzten Stop im Fischerort „Azenhas do Mar“, mit seinem Meeresschwimmbecken, verabschiedeten wir uns vom Naturpark Sintra.
Mitte September wurde es zunehmend neblig an der Küste. Wir hatten uns langsam daran gewöhnt, den Atlantik rauer zu erleben, als im Hochsommer. Die Badesaison war vorbei, dafür wurden die Wellen größer. Deshalb fuhren wir weiter die Küste hoch, ins „World Surf Resort“. Wir wollten den Surf-Profis zuschauen. Ericeira wir kommen!
Nachtrag (07.10.2018): Wunderland fast abgebrannt
Leider hat es jetzt auch in Sintra einen großen Waldbrand gegeben. Es ist eine Katastrophe. Das Feuer ist aber jetzt unter Kontrolle: Tagesschau.de.
Wir waren vor genau einem Monat in Sintra. Inzwischen sind wir an der Grenze zu Nordspanien. Wir waren über 2 Monate in Portugal und es hat nicht 1 x geregnet. Wir verfolgen auf www.fogos.pt täglich die Lage der Waldbrände und wählen danach unsere weitere Route. Das Land leidet wirklich sehr stark unter dem Klimawandel.