Portugal Centro: Auf den Spuren des Tempelritterordens – 3 Klöster als UNESCO Weltkulturerbe

Warnung vor Nebenwirkungen: Ein „kurzer“ Artikel über eine lange Geschichte – sehr spannend, man möchte gerne mehr erfahren.

Wer kein Geschichte-Fan ist, bitte direkt zu den Bilden scrollen – easy Blogging 😉


Ende September: Die Temperaturen im Inland sind gegen Herbstanfang auf ein erträgliches Maß gesunken. Also haben wir uns vorerst wieder vom Atlantik (und vom Nebel) verabschiedet. Östlich von „Nazare“, in Zentralportugal, starteten wir bei angenehmen 25-30 Grad unsere „Burgen- und Klöster-Tour im mittelalterlichen Örtchen „Obidos“ mit seiner Burgfestung.

Nach dieser Einstimmung ging die geschichtliche Reise weiter zu den manuelinischen Klöstern „Batalha“ und „Alcobaca“ sowie zu der Tempelritterburg in „Tomar“.

Fast wie ein magisches Dreieck wirken die ausgewählten Standorte dieser grandiosen christlichen Sakralbauten. Alle drei Bauwerke sind inzwischen UNESCO Weltkulturerbe und beeindrucken gleichwohl Christen und Nichtchristen.


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Obidos und die 3 Klöster Batalha, Alcobaca, Tomar

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Obidos und die 3 Klöster Batalha, Alcobaca, Tomar 39.658100, -8.824650


Obidos – seit dem Mittelalter die Stadt der Königinnen

Einige Kilometer vom Atlantik entfernt lichtete sich der Nebel und es kam die Sonne raus. Bestes Wetter für einen Sonntagsausflug in die mittelalterliche Kleinstadt Obidos. Die ehemals westgotische und nach der maurischen Eroberung, maurische Stadt wurde nach der christlichen Rückeroberung mit Stadtrechten versehen. Über Jahrhunderte war die Stadt Hochzeitsgeschenk des jeweiligen Königs an seine Gattin. Der Ort ist ein beliebtes Ausflugsziel, vor allem am Wochenende, daher herrschte rege Stimmung. Am Parkplatz beeindruckte uns bereits ein gut erhaltenes Aquädukt aus dem Jahre 1570.

Innerhalb der engen Gassen der Stadtmauer warten nett eingerichtete Souvenirläden mit Kunsthandwerk, Restaurants und ein breites Angebot des Kirschlikörs „Ginja de Obidos“ darauf, von Tagestouristen entdeckt zu werden.

Am Platz vor der örtlichen Kirche aus dem 12. Jhd. steht noch der Pranger aus vergangenen Zeiten. Herz der Stadt ist die Burg mit der Burgmauer, gebaut zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert. Ein Spaziergang auf der Stadtmauer bescherte uns einen wunderbaren Überblick auf die Burg und die Dächer der Stadt, Schwindelfreiheit vorausgesetzt.

Die Stadt lebt von Kreativität. So wurde z.B. eine alte Kapelle in einen Buchladen umgewidmet. Zum Ausklang genossen wir frisch gebackenes Sauerteigbrot in einer Mittelalter-Herberge. Der krönende Abschluss eines gelungenen Ausflugs.

Danach waren wir voll in Stimmung auf mehr Mittelalterliches und Historisches aus Portugal.

 

UNESCO Weltkulturerbe Klöster

Wir verspürten eine mystische Stimmung an diesen Kultstätten. Obwohl seit Jahrhunderten dem Verfall ausgeliefert, erzeugt ihre Pracht auch heute noch Ehrfurcht beim Betrachter. Wir versanken in der Vergangenheit, wo Ordensbrüder im Namen der Kirche zu Kreuzrittern wurden und später Könige ihre Reiche mit Hilfe von Christusrittern in blutigen Schlachten verteidigten. Es hat richtig Spaß gemacht, Geschichte fast „live“ zu erleben.

Alcobaca – das Kloster zu Zeiten der Gründung Portugals

Das erste UNESCO Weltkulturerbekloster in dem geographischen Dreieck ist das Mosteiro de Santa Maria de Alcobaça. Das fast 900 Jahre alte Bauwerk beruht auf einem Schwur von Portugals erstem König „Alfonso Henrique“.

Während der Gründung Portugals waren große Teile des Landes und der Iberischen Halbinsel unter maurischer Herrschaft. Im Zuge der Rückeroberung betete der König zur Jungfrau Maria mit dem Versprechen, bei einer erfolgreichen Schlacht eine Kirche für sie zu bauen. Vielleicht brachte das die nötige Motivation für die Kämpfer? Wie auch immer, die Schlacht wurde gewonnen! Somit begann im Jahre 1178 der Bau einer der noch heute größten Klosteranlage Portugals.

Der König stiftete das Kloster dem Orden der Zisterzienser, die in den zurückeroberten Gebieten Fuß fassten und deren Neubesiedelung sowie die wirtschaftliche Entwicklung unterstützten.

Exkurs Zisterzienser in Portugal:

Die Zisterzienser übernahmen das Kloster Anfangs mit zwölf Mönchen und einem Abt. Während des Aufbau des Klosters war das Gebiet noch lange umkämpft. Im Jahre 1195 wurden die inzwischen 95 dort lebenden Mönche bei einem Überfall von Mauren aus Marokko getötet und Teile des Klosters zerstört. 1223 bezogen die Mönche das instandgesetzte Kloster erneut.

Sie gründeten Gemeinden in der Gegend und schulten die Siedler in Land- und Forstwirtschaft. Im 13. Jhd. erweiterten sie ihre Siedlungen gen Atlantik und betrieben Fischfang in ihren Häfen (u.a. Nazare). Die klösterliche Herrschaft wuchs und gedieh. Das entfernte sie zwar von ihren ursprünglichen Idealen, doch sie spielten eine wichtige Rolle für die Entwicklung von Portugal.

Der Zisterzienser Orden setzte auf Schlichtheit und Strenge, als Gegenpol zur Anhäufung von weltlichem Reichtum. Das findet in der Kirche Santa Maria des Klosters Alcobaca in Form von schlichtem Weiß seinen Ausdruck, umso mächtiger wirken die 24 schlanken Säulen der Kirche die fast gen Himmel reichen könnten: 12 an jeder Seite, Zahlensymbolik die an die 12 Apostel erinnert. Atemberaubend ist die Wirkung des Lichts, das hier als Stilmittel eingesetzt wurde. Jede Art von Schmuck war verpönt, sogar die Fenster sind farblos. Wir waren schwer beeindruckt von dieser Mystik.

Da wir eine Sammel-Eintrittskarte für alle 3 Sehenswürdigkeiten gekauft hatten, ging unsere Klöster-Tour gleich Abends weiter ins nahe Batalha. Hier wurden wir mit einem ausgezeichneten kostenlosen und wunderschön am Park gelegenen Wohnmobilstellplatz überrascht. Unterwegs sahen wir ein wirklich religiöses Wohnmobil: 😉

 

Batalha – Manifestation des Siegs gegen das Königreich Kastilien

Das junge Königreich Portugal wurde nicht nur durch maurische Überfälle bedroht, sondern auch vom Nachbarreich Kastilien. Ungefähr 250 Jahre nach der Gründung ereignete sich eine Schlacht gegen das angreifende und weitaus überlegende Kastilien. Der portugiesische König Joao I. gelobte den Bau eines Klosters für die Jungfrau Maria, bei einem Sieg der aussichtslosen Gefechte.

Der Kampf wurde gewonnen, der Grundstein für das Kloster in Bathala wurde gelegt. Ursprünglich sollte das Kloster dem Zisterzienserorden übergeben werden. 1388 erfolgte jedoch die Übergabe an den Bettelorden der Dominikaner. Der Bau dauerte fast 200 Jahre und wurde ausschließlich durch das Königshaus geplant und finanziert.

Die Kirche war zudem als Grabstätte der Königsfamilie gedacht. Sie ließen sich die besten Baumeister der Zeit kosten. Heute sind dort mehrere Mitglieder der Königsfamilie beigesetzt, u.a. der berühmte Heinrich der Seefahrer.

Das High-Light – im wahrsten Sinne des Wortes – waren aber die Lichtspiele, welche die Sonne mit den bunten Fenstern vorführte.

Über Generationen hatte man weitere Anbauten vorgenommen, die jedoch nicht mehr beendet wurden. Das Königshaus verlagerte seine Interessen nach Lissabon. Die unvollendeten Kapellen waren für uns fast am beeindruckendsten. Der verwendete Kalkstein verwittert rasch, das erinnerte uns an alte Tempelanlagen aus anderen Kulturen wie z.B. Ankor Wat.

Nun stand noch der Besuch des dritten Klosters im „magischen“ Dreieck an. Abends ging es über die Autobahn nach Tomar.

 

Templerstadt Tomar – das Kloster Convento de Cristo

In Tomar erwartete uns der beste Stellplatz der ganzen Reise: Ein ehemaliger Campingplatz, der jetzt kostenlos für Wohnmobillisten zur Verfügung steht. Zu unserer Freude, kann und möchte sich das eine ehemalige Templerstadt anscheinend leisten. Hier blieben wir gleich drei Nächte.

Den Begriff „Templer“ kannte ich bisher nur aus zahlreichen Mythen und Legenden. In Tomar scheint dieser Mythos noch lebendig zu sein, denn der Ort war ehemals eine Templerhochburg.

Der erste König Portugals schenkte den Ort Tomar im Jahr 1159 dem Templerorden. Dort errichteten sie später oberhalb der Stadt eine Mischung aus Kloster und Festung: Den „Convento de Christo“, in Anlehnung auf die Grabeskirche in Jerusalem.

Exkurs Templer:

Ursprünglich wurde der Orden der Tempelritter im Jahr 1119 in Jerusalem gegründet, um Pilger auf dem Weg nach Jerusalem zu beschützen. Sie orientierten sich an den strengen Regeln und der Zahlensymbolik der Zisterzienser. So wurden die Mönche zu Kämpfern im Namen der Kirche, zum ersten Ritterorden. Fast 200 Jahre lang unterstützten sie Kirche und Könige als starke Militäreinheit bei Kreuzzügen in ganz Europa.

Dadurch erlangten sie viel Grundbesitz in Europa und Sonderrechte, wie z.B. Zinsertrag. Als frühe finanzielle Dienstleister häuften sie ein großes Vermögen an. Dieser Reichtum führte letztlich zu ihrem Untergang. Dem französischen König war ihre Macht ein Dorn im Auge. Er überzeugte den Papst und es folgte eine blutige Hetzjagd auf die Tempelritter. Sie wurden als Ketzer enteignet, gefoltert und umgebracht. Im Jahr 1312 wurde der Orden vom Papst offiziell aufgelöst (Link zu interessantem Artikel).

Nicht aber auf der iberischen Halbinsel, auf der immer noch die Reconquista noch in vollem Gange war. Portugal und auch Spanien setzten sich deshalb zum Schutz der Tempelritter ein. Sie waren bei der Rückeroberung des Abendlands bisher eine große Unterstützung, auf die nicht verzichtet werden konnte.

Im Jahre 1312 nutzte der portugiesische König Dinis die Gelegenheit und gründete den rein portugiesischen „Orden der Christusritter“, der aus dem ehemaligen Tempelritterorden hervorging. Die Besitztümer gingen über, so auch der „Convento de Christo“ in Tomar. Tomar blieb das Hauptquartier des neuen Ordens.

Der Christusritterorden unterstützte auch die darauffolgenden portugiesischen Könige bei der Ausweitung der Reconquista auf Nordafrika. Später wurde der Königssohn „Heinrich der Seefahrer“ selbst Großmeister des Ordens. Die von ihm geleiteten Entdeckungen wurden unter Einfluss des Christusordens geplant und ausgeführt. Die Schiffe trugen das rote Kreuz in die eroberten Gebiete.

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Eingebettet von Wikipedia: Link

Den Christusrittern wurde die geistliche Führung in den neuen Kolonien übertragen, einhergehend mit der Bekehrung und Versklavung der Ungläubigen – von Afrika bis Indien, bis zur Aufteilung der neuen Welt. Die weltliche Macht war beim Königshaus.

Karte Portugiesisch-Spanischer Verträge.pngEingebettet von Wikipedia: Von LencerEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Das Ende der maurischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel

Es wurde einiges von der maurischen Blütezeit übernommen, z.B. ausgeklügelte Bewässerungssysteme. Das weltliche antike „Wissen“ wurde während des dunklen Mittelalters durch die damals weltoffenen Mauren bewahrt. Nach der Reconquista wurden viele Schriften quer durch alle Wissenschaften, ins Lateinische übersetzt. Das lockte die Gelehrten der westlichen Welt auf die iberische Halbinsel. Wer sich dafür interessiert findet hier einen super Artikel:

planet-wissen.de

 


Eine spannende Geschichte und Vorlage für viele Romane und Verschwörungstheoretiker. Wir sehen die Welt, wie sie heute ist, nach dem faszinierenden Besuch der Klöster auf jeden Fall unter einem anderen Licht: Egal ob religiös oder wirtschaftlich motiviert, Kriege ziehen sich quer durch die Geschichte der Menschheit. Das höchste Gut ist der Frieden!

Nach so viel Input war uns nach Entspannung, am besten an einem kühlen Fluss. Wir machten uns auf nach Coimbra, wo wir im Rio Mondego SUP fahren und baden konnten. Hier gab es viel weltliches an der ältesten Universität Portugals zu entdecken. Unser nächster Artikel wird wieder leichtere Kost und entsprechend kürzer.


Unser Sound dazu: Beim Hören kann man sich die Kreuzzüge, geheimen Ordenstreffen und die Entdeckungsfahrten der Portugiesen richtig gut vorstellen.

Bitte im Webbrowser öffnen!

 

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